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Coronale Frühlingsgefühle

 

Es ist früh am Morgen

Ein scheinbar normaler Tag beginnt

Er hat die Elegie der Ewigkeit

Aus dem Norden kommt Kälte

 

Vergeblich lausche ich in die Natur

Hier singt kein Vogel

Blökt nicht das Schaf im Stall

Kein Flugzeug durchfliegt die Fensterbreite

 

Ich zähle die täglichen Toten

Im Geiste und auf Papier

Gegen Mittag kommt das Leben

Und wir werden gemeinsam lachen

 

Im Supermarkt liegen die Tomaten

In Reih und Glied

auch wieder Klopapier

Kartoffeln isst kein Mensch

An diesem Tagen fehlt Mehl

 

Die Kassiererin zeigt sich müde

Die Kunden sind gelassener als gestern

Parkplätze sind zur Gänze belegt

Die dicken Boliden zeigen Nebelnässe

Wenn sie durch die Dorfstrasse knattern

 

Am Spielplatz rollt unser Ball

Das Geschrei anderer Kinder fehlt

Die Spielgeräten sind verwaist

Ein Rentnerpaar hält Händchen

 

Später spielen wir und würfeln

Mensch ärgere dich nicht sagt mein Sohn

Der Kleinste schummelt weltmeisterlich

Und amüsiert sich köstlich dabei

 

Der Frühling hält astronomisch Einkehr

Langsam weicht die dunkle Jahreszeit dem Licht

Noch ist es kalt da draußen

Die Natur öffnet hoffnungsfroh mit einem Farbenmeer

 

Im Zeitraffer klappen Krokus auf

Das Blau der Blüten macht sich frei

Die weißen zarten Schneeglöckchen nebenan

Blicken gefällig hoch zur Salweide 

 

Dort warten die Palmkätzchen vergeblich

Denn das Bienenvolk gibt es nicht mehr

Ostern steht vor der Tür 

Und alles ist so anders von Jahr zu Jahr

 

Dann fällt ein Schuss

Eine Krähenschaar wirkt erschreckt

Und überfliegt mit Gekreisch die nahen Felder

Die Stille löst den Vorfall nicht auf

Die Kinder stehen am Fenster

Und sehen mich fragend an

Wir hören gemeinsam hinein

In diesen denkwürdigen Tag

 

Wenig später rast ein Krankenwagen 

Den Berg herauf an uns vorbei

Und wieder fliegen Krähen auf

Es setzt leiser Regen ein

 

Der Große setzt sich ans Klavier

Spielt ein paar epileptische Takte 

Schließt sich in der Toilette ein

Und bittet um ein wenig Abstand

Was denken meine Kinder

Wie fühlen sie sich in diesen Tagen

Wieviel Angst erobert ihre Herzen

Können Liebe und Gelassenheit helfen

 

Wir diskutieren die allgemeine Lage

Meine Kinder stellen erstaunlich kluge Fragen

Ich versuche den Kern zu ergründen

Aber es sind nicht Ängste die sie beherrschen

 

Du bist ja schon alt sagt der Kleine

Aber du wirst nicht krank

Meint bestimmt der Große

Wir drücken uns ohne Abstand

 

Die Menschlichkeit schenkt uns Halt

Und die Liebe ist die wahre Kraft

Nicht nur zwischen Menschen mit gleichem Blut

Bleibt Vertrauen in die Zukunft unsere Hoffnung

 

Was macht dieses Virus aus den Menschen

Werden wir alle sterben

Die Kinder legen sich über den Tellerrand

Hinein in den Reis, den Mais und das zarte Höhnchenfleisch

 

Papa macht das beste Frikassee

Das iPhone zeichnet Bild und Ton

Und draußen in der Welt 

Erfahren alle unser Glück in dieser Stunde

 

Tausende sind dort schon in infiziert

Millionen sollen es noch werden

Und viele sterben ohne Liebende Hand

Vielerorts herrscht bereits der Ausnahmezustand 

 

Später legen wir uns ins kuschelige Bett

Erzählen noch Geschichten

Schicken Mails in alle Welt und 

Wünschen uns die Gute Nacht

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