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Aus Molle und Topo

Kapitel: Ausschweifungen am Fuß des Wodagebirges kurz vor dem Jahrtausendwechsel

 

Erzähler:

 

Weihnachten in Wodawar war vorbei. Die Jahrtausendwende stand unmittelbar bevor.

Damit war eine Zeitenwende verbunden. So jedenfalls wurde da und dort berichtet.

Hinter vorgehaltenen Pfoten, Klauen, Hufen und Tatzen wurde "getuschelt",

dass die Zeit reif wäre.

Eine "neue" Ära des Miteinander die Lebewesen umfassend verändern würde.

Eine Zeitenwende?

Das klang auch in Lillas Ohren vielversprechend und crazy. Allemal deshalb, weil erzählt wurde, dass sich die gesamte Welt "durchschaubarer" zeigen würde.

Aber dieses Durchschaubare rief Widersacher auf den Plan die sich einfach nicht in die Karten sehen lassen wollten.  Miese Charakter, die es darauf anlegten ihren eigenen Weg gehen zu wollen, meist auf Kosten der Gemeinschaft.

So gab es in Wodawar nicht nur Befürworter für eine Zeitenwende.

Gar manch üblen Zeitgenossen wurde übel und schwindelig daran zu denken, wie schwer es künftig wohl sein würde, Dinge die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, geheim zum halten. Wissenschaftler hatten sich darauf geeinigt, zur Kontrolle auch der Bürger und des Umgang miteinander einige Instrumente einzusetzen, die dem einen oder anderen nicht gefallen würden. 

Es ist morgens um zehn an einem Tag zwischen der Geburt des Kleinen der sich später Jesus nennen würde und diesem Zeitenwende-Silvester.

Unter einer hohen Schneedecke liegen wie begraben Hund und Katz, Maus und Mücke. Und all die anderen Lebewesen. Wo sich kein Loch auftat, in welches man hineinkriechen und sich verscharren konnte, da war die Not groß. Eisige Temperaturen begleiteten die weißen Massen die wie 

eine Plage vom Himmel fielen. Tagelang war nicht daran zu denken, dass Bewohner sind ins Freie trauten. 

Auch Lila kann sich dem nicht entziehen.

Bis nach Wodawar ist die Kunde von einem Kindlein gedrungen,

das unter abenteuerlichen Bedingungen das Licht der Welt erblickt haben soll.

Lilla hat jedoch wenig Bock auf Weihnachtslieder,

sie steht auf Rapmusik.

Dabei liegt sie entspannt in ihrer 120x 80 cm Badewanne und genießt diese Entspannung.

 

Lilla imitiert Birki: 

„Birki!“ „Was für ein Körper, 

welch athletische Figur!“ 

Acht Ringe sind mein Markenzeichen, 

vom Kinn hinunter bis zur Nabelschnur!“

Zur Zeit bin ich auf Kur

Im Tann, ich frag mich wann

kann mir ein andrer Körper

vom Kopf bis an die Krähenfüße

Das Wasser reichen.

 

Erzähler

Lilla legte vor Ihrem Riesenmikro einen Rap hin der einfach alles bislang Dagewesene in den Schatten stellte. Sie lag in der Wanne, tauchte unter und schoss wie ein Torpedo wieder empor. Ihr Schnabel zeigte steil zur Decke und dabei hatte sie Glück, denn beinah wäre sie damit mit der Decke in Berührung gekommen oder gar darin stecken geblieben. Sie verausgabte sich, gluckste und druckste und das Wasser in der Wanne schwabte als Riesenwelle über den Rand und setzte Teile ihres Studios unter Wasser. Das war Lilla Wumpe. Sie prustete, spuckte und Wasser ergoss sich aus ihrem Schnabel als gäbe es eine Pumpe unter ihrem Gefieder. Schubweise schossen die Fontänen empor und kamen als Schwall wieder zurück. An der Decke ihres Zuhause bildeten sich Pfützen die sich nur Bruchteile von Sekunden in dieser Sphäre halten konnten und dann tropfenweise in die Wanne zurückfielen. Aber auch die Tropfen selbst schienen Musik in sich zu vereinen, denn in der Wanne tanzten sie im Rhythmus von Lilla´s Gesang und lösten sich dann plötzlich wieder auf um sich mit dem übrigen Nass in der Wanne zu vereinen. 

Die Melodie die Lilla über drei Oktaven sang, nein schrie oder fiebte, je nach innerer Eingebung, fiel ihr spontan ein, sie war in ihrem Element. Sie improvisierte. Darin war sie eine Meisterin. Das Mikro ist mit einem großen geschwungenen L gebrandet. Sie spricht die gesungenen Worte dramatisch und freudig überspitzt mit einem nachdenklichen Unterton aus, wiederholt sie immer und immer wieder. Als Erzählerin, Sängerin, Rapperin wusste sie ihre Radiohörerschaft zu überzeugen. Wenn sie glaubte richtig überzeugen zu können, schrie sie Kommandos in den Raum wie: TV-Show. Dann schaltete die Bluetooth Steuerung das Bild dazu und Lilla war im Social Web Angebot ihres Kanals LIVE zu sehen. In Bild und Ton. Dann steigen die Einschaltquoten spontan an und überall vernahm man Applaus in den Straßen und Gassen von Wodawar. 

Dazu muss man wissen, dass ihre abwechselnde Radio- oder TV-Show so etwas wie ein Experiment sein sollte. Die Idee dazu lag jetzt Wochen zurück. Der Intendant des Bürgerradios hatte ihr das Angebot gemacht mit einer eigenen Sendung die wissenschaft-lichen Forschungen ihres großen Vorbilds und Lehrers in leicht verständliche Sprach zu übersetzen und die Bewohner von Wodawar über die Themen Umwelt, Technik und das allgemeine Miteinander, das manchmal nicht so richtig klappen wollte, unterhaltsam zu informieren. Dafür hatte sie lediglich ihr kleines Mini Appartement in eine Experimentier-stube verwandelt, mit mobiler Technik die es überall zu kaufen gab, ausgestattet und dann losgelegt. Mehr Spontanität und Spirit als akademische Vorbereitung sollte das Ziel der Sendung sein, das Amt des Umweltprofessors Molle an der Universität audiovisuell zu begleiten. 

Hier in dieser kreativen Umgebung ihres Appartements verstand Lilla es, Themen spontan aber manchmal auch akribisch vorbereitet im wahrsten Sinne aus ihrem Federkleid zu schütteln und darzubieten, dass es eine Freude war. So wie sie in jede ihrer beginnende Sendung in einen besonderen Charakter hüpfte, so sehr verschmolz sie nach wenigen Sekunden mit diesem. Sie wurde zu der Person die sie in diesem Moment darstellte oder imitierte. Dann erzählte Lilla ohne Unterlass, quasselte in einer Tour ohne Punkt und Komma und gerade das liebten ihre Fans. Lilla war in wenigen Wochen zu einer Institution geworden, ihre Sendung ein sogenanntes „Muss“ für jung und alt und damit ein Straßen-feger. Wodawar kannte zu diesem Zeitpunkt keine autofreien Tage. Pünktlich um 16 Uhr, dem Beginn von Lilles Sendung, meinte man die Zeit würde angehalten sein. Alle Bewohner hingen vor den Radioempfängern, den TV Geräten oder hielten sich an den Mobilgeräten wie Tablets und Smartphones fest, drehten die Lautsprecher auf die höchste dem menschlichen Ohr zumutbare Dezibelzahl und waren für die Zeit der Sendung für niemanden ansprechbar.

In ihrem wenige Quadratmeter großen Raum der das Radio- und TV-Studio darstellte lagen stapelweise Kostüme herum, die sich Lilla, je nachdem in welche Rolle sie schlüpfte, behende überstreifte, eine tiefe, helle oder gar kreischende Stimme annahm, und damit zu ihren Fans sprach und sie dermaßen beglückte und in ihren Bann zog, dass diese Frequenz des Bürgerradios sehr hohe Einschaltquoten nachweisen konnte. Ehrlich gesagt ärgerte das die vom Staat finanzierten Sender sehr. Anfangs gaben diese Lilla´s Sendung „Lilla´s Quassel Rassel“ nur aus Jux, Tollererei und Verachtung diesen Namen und damit auch keine lange Überlebenschance. Lilla störte das nicht und heute, gerade heute war die 52. Sendung von „LQR“ wie die Fans die Sendung liebevoll und beinahe verehrend nannten, und es sollte ordentlich darauf angestoßen werden. Lilla hatte außerdem angekündigt zum Gelage zu laden. Hunderte Shitstorms von Fans hatten sich gebildet mitzufeiern. Nach der Sendung, versteht sich. 

Noch lag sie in der Badewanne voll mit glitzerndem und buntem Schaum gefüllt. Dabei tauchte sie gelegentlich den Finger in den Schaum und leckte genüsslich an den kleinen bunten Brausepulverkristallen die unheimlich laufmunternd und zudem lecker schmeckend auf ihrer Zunge kribbelten.

Mit einer Art Wuwuzela, wie sie gemeinhin von Fussballverrückten aus anderen Welten zu gegebenen Anlässen benutzt wurde, legte Lilla nach allen Regeln der Blaskunst los. Aber Lilla hatte keinerlei musikalisches Gespür, noch hatte sie eine Vorbildung. Alles in allem trötete es schräg und schrill und alles andere als von einem Wohlklang begleitet aus ihr heraus was ihre Krähenlungen hergaben. Zwischendurch griff Lilla zur Flasche des immer bereitstehenden Minzesirup den sie wie ein Glas Champagner in die Höhe hob um den imaginären Fans zuzuprosten. Überschwänglich, vergnügt und eben ein wenig abgehoben sah Lilla´s Show aus und hörte sich entsprechend auch an. Viele ihrer Fans hätten viel dafür gegeben einmal im Leben mit Lilla in dieser brausenden Badewanne zu liegen und mit ihr abzuhotten. Party - Party. Das war der Slogan von Lilla´s Fangemeinde. Und dabei hörte sie sich verdammt crazy und cool an.So waren einige dieser Ausdrücke Lilla´s von allen geschätzte Attribute die ihr später jedoch zum Verhängnis werden sollten. 

Aber daran dachte in diesem Moment noch keiner.

 

 

 

Lilla: 

„Diese großartigen, bewundernswerten und vielversprechenden Beschreibungen entsprangen nicht etwa einer verzückten Verehrerin, nein, es war Birki selbst, der sich mit überschwänglichen Bewunderungen seiner selbst in Stimmung und auch in Wallung brachte. Jeden Morgen das selbe Ritual. Abgesehen davon war ein Birki in der Tat ein toller und sehr außergewöhnlicher Strullewutz. 

 

Lilla hielt kurz inne, stellte den Winkel des Mikrophons vor ihr einige Grade nach oben, rückte näher an den Schreibtisch heran auf dem das Mikro in einer Tischhalterung versteckt war, räusperte sich unmerklich, rümpfte ihren Krähenschnabel und fuhr fort:

 

Was bitte  soll denn ein Strullewutz sein, fragt ihr euch zurecht? 

Strullewutze sind keine Schönheiten der Schöpfung aber ein Strullewutz wie Birki einer war, sang gerne und das mit einem gewaltigen Stimmumfang von mindestens drei Oktaven und vor allem sang er viel. Er war freundlich und hatte immer und für jeden ein offenes Ohr. Das war kein Ohr im menschlichen Sinne sondern eher so etwas wie ein Schalltrichter der sich sowohl zum Kopf hin als auch zum Ohr wie eine kleine Sanduhr formte und den Strullewutzen neben den wulstigen Körperringen ihr besonderes Aussehen verlieh.  Durch Verlagerung des Muskelspiels der „Wutze“ wie man die Strullewutze gemeinhin kurz und knapp nannte, sowie des Aus- und Anpressdrucks mit dem ein Wutz in der Lage war eine ungeheure Dynamik der Fortbewegung zu entwickeln die schließlich das war was sie auszeichnete.

Wenn Birki sang, dann hallte es fix wie foxy durch den morgendlichen und von zartem Tau benetzten Farnen und holzartigen Riesengewächsen des Urwalds hier an den Hängen des Wodagebirges. 

Birki war ausgebildet im Oktavenspringen und wenn er dann und wann die Dissonanzen nutzte um mit seinen Sprüngen in besondere Spähren vorzudringen, handelte er häufig nach seinem Bauchgefühl. Denn dann, wenn seine Eingeweide bummelwurstig durch-einander tanzten, ließ er Töne aus sich heraus, die anderen Sorgen bereiteten oder gar missfielen. Selten lösten sie Wohlgefallen aus.

Schrill, laut, dissonant, aufdringlich, mal trompetisch, dann flötistisch minimalistisch purzelten die Töne aus dem Organ des Wutz Birki.

Eine ungesunde Aneinanderreihung von Lauten die im Ursprung eher einem Schamanen denn einem akademisch ausgebildeten Musiker zuzuordnen waren.

Birki aber war stolz auf diese seine eigenen Spähren erzeugenden Fähigkeiten in denen sich anderes Kleinstgetier das hier vorerst unbenannt bleiben muss, einen Spaß machten, die ungeheure Thermik nutzend in höhere Spähren des Urwaldes ohne Anstrengung und eigenen Kraftaufwand vorzudringen. 

 

Dabei war es Birki nicht unbedingt egal was die anderen dachten, die seinem Spiel ausgeliefert waren. Aber er war sich bewusst, das es eines seiner lustigsten Spiele war,

die er seiner Umwelt anbot um das Leben nicht nur von der ernsten Seite zu sehen.

 

Denn nicht alles in Wodawar war von Späßen bestimmt wie man gemeinhin meinte.

Es gab durchaus nachvollziehbare und überlegenswerte Stimmen die behaupteten, viele der Errungenschaften in Wodawar waren kritiklos dem Eigenlob ausgeliefert. 

Weniges wurde hinterfragt um eventuellen Abgründen in der Anschauung über das Leben in dieser Gesellschaft vorzubeugen. 

 

Für Birki gab es an diesem Morgen wie an jedem Morgen zu dieser frühen Stunde nur ihn selbst. Da und dort war er zuhause, oben, unten, drin und draußen denn, vor allem war er ein Drullwurm. Und ein athletischer obendrein. Das ließ sich gemeinhin von anderen Drullwürmern nicht unbedingt sagen. In Birki steckte schon ein Stück von etwas ganz Besonderem. Drullwürmer waren im übrigen Wesen mit Geruchsverstärkung und dadurch häufig von Bewegungsfantasmen geplagt. Dann drehten sie sich zu Tausenden um ihrer eigene Achse. Und das war lustig anzusehen, denn wie der Name es sagt, war ein Drullwurm ein Wurm und hatte seinen Namen wohl von diesem Drehen um die eigene Achse. Im Sog ihrer dann grundsätzlich nicht besonders unaufdringlichen Gestalt machten sich andere Drullwürmer und vor allem auch die Gigabärchen und Habenixe eine lebens-lustige Welt zurecht. Abseits im Dickicht der Riesenfarne wie auch an den holzartigen groß- und mächtigstämmigen Skulpturen die, wie Bäume aus einer fernen Sagenwelt anmutend, schier unendlich in den Himmel zu wachsen schienen. 

In diesem Zuhause wollten sowohl Gigabärchen und Habenixe aber auch andere Drullwürmer ihre eigene und besondere Identität nicht verlieren. 

Doch an der Seite des hyperaktiven Strullewutz Birki aus der Gattung der Drullwürmer war das ein abenteuerliches Unterfangen und beinah unmöglich. 

Strullewutze lebten in ihrer eigenen Welt und die war oft genug nur durch die eigenen

Möglichkeiten der Fantasie getrennt von allen anderen Mitwesen.

Welch eine Hürde, dachten sich vor allem die Habenixe. Ihr grundsätzlich neidvoller Charakter war alles andere als eine Voraussetzung für ein würdevolles Zusammenleben der unterschiedlichen Arten hier in Wodawar.

 

Birki fragte sich oft, ob der Sinn der Tätigkeiten seiner Umweltbe- und Mitbewohner nicht doch eher darin läge, sich einfach nur die Zeit des Lebens ohne Sinn und Verstand zu vertreiben. Bis zu einer neuen „Hullajodria.“

 

Das war immer eine tolle Zeit in der sich alle ohne Rücksicht auf Herkunft und Geburt ein Stelldichein gaben. Diese tolle Zeit stand kurz bevor. Wenige die sich nicht darauf freuten. In dieser Zeit, die vor allem auch den wenigen noch anzutreffenden Elfen sehr am Herzen lag und auf die sie alle nicht erwarten konnten, wie die Käferbienen auf den Nektar, den es nur in dieser Zeit aus den Blüten der Zwirbellianen zu saugen galt.

 

Zwirbellianen waren besondere Lianen die in ihrem Nektar einen Wirkstoff entfalteten, der allen die davon nur kleine Mengen zu sich nahmen das Gefühl gaben, auch Strullewutze wie Birki sein zu können. Für Minuten, Stunden oder vielleicht sogar Tage. 

Vielleicht aber auch für Monate. 

Das Problem war nur: Zwirbellianen waren so selten, dass so manche Vorstellung vom Leben und Sein als Strullewutz in zeitlicher Begrenzung für viele ein ewiger Traum blieb. Und trotzdem kamen sie alle immer wieder Jahr für Jahr hier an den Hängen des Woda-gebirges zusammen um dieses Ereignis zu zelebrieren um ein wenig des Necktars aus den Zwirbellianen abzubekommen,

Die genaue Heimat der Zwirbellianen war eine Geheimnis. Und Strullewutze, die um den Ursprung dieses Geheimnisses wussten würden dieses niemals, auch nicht bei der töd-lichsten Bedrohung verraten.

 

Doch nun begab es sich, dass eines Tages die Nachricht in Wodawar kursierte, ein Fille-fock hätte Samen gefunden und verstreut und dieser Samen würde da und dort Zwirbel-lianen wachsen lassen. Zwirbellianen von äußester Schönheit und mit einer Megawirkung zum Strullewutzieren. Jenen Vorgang der einer Mutation gleichte, der die Körpermolekühle von Gigabärchen und Habenixen derart ins Schleudern brachten, dass das Strulle-wutzieren ein unendlich halozigener und faszinierender Vorgang wäre, im Augenblick vollzogen und für lange Zeit anhaltend.

Aber was genau von dieser Nachricht zu halten war, konnte weder Birki der Strullewutz noch der berühmteste Fillefock >Bulldozer< glaubhaft darstellen. So waren Gigabärchen und Habenixe sehr gefordert, dieser Nachricht auf die Spur zu kommen. Es entwickelte sich ein harter Wettkampf der Lebenwesen in Wodawar um die Herkunft und den Wahrheitsgehalt dieser Nachricht.

 

Bulldozer, so wusste man in Wodawar, stand dem berühmten Bösewicht Sabbersocke sehr nahe und so mancher Frevel an den Lebewesen, der Fauna und Flora aber auch grundsätzlich an der Umwelt, so war zu hören, ginge auf Kosten der beiden oder ihrer gesamten Gang.

 

Nur spielte Bulldozer in der Öffentlichkeit immer den Unschuldigen, den Verkannten und zu Unrecht ins Visir der Ermittlungen geratenen und nicht einmal einem Strullewutz wie Birki war es je gelungen, Bulldozer eine Verfehlung nachzuweisen, obwohl, und das muss man hier mit aller Deutlichkeit manifestieren, Birki an unzähligen kriminalistischen Semina-ren zur Überführung von Frevlern unter der Leitung des ehrwürdigen Umweltprofessors Molle teilgenommen hatte. Die Diplome führte Birki in mikroskopischer Form hinterlegt als Strichcode in seinem linken inneren Flügel seines Riechorgans mit sich. Durch eine besondere, nur den Strullewutzen bekannte Auslesetechnik konnten die Inhalte der Seminare öffentlich dargestellt und reproduziert werden. Das war von großen Vorteil für die Lebensgemeinschaft in Wodawar und Strullewutze waren sowas wie das Archiv aller Entwicklungen hinischtlich der wissenschaftlich belegbaren Entwicklung in Wodawar. 

Birki war von herausragender Stellung innerhalb dieser Wissensgemeinschaft und deshalb auch ein gefragter Vortragender und sicherlich einer der meist gebuchten Assistenten des Umweltprofessors. 

 

Bulldozer jedoch war ein selbstsicherer und gelassener Zeitgenosse. Eingenommen von sich und seinen Tätigkeiten verfolgte er nur seine eigenen Ziele und die meisten Verdächtigungen gegen seine Person ließen ihn kalt und gelassen. Immer blieben es Behauptungen und Unterstellungen gegen dieBulldozer jedoch nie etwas unternahm. 

Offiziell bezeichnete er solche Meldungen als Fakenews. 

Sein Selbstbewusstsein war über alles Maßlose erhaben und selbst wenn er sich im Spiegel betrachtete, sprangen aus seinen Augen keine Tränen, sonder die schönsten Goldfische die er dann fein säuberlich auffing, an einen Silberdraht heftete und sie in der Sonne trocknete bis sie bereit zur Konservierung in einem Glas landeten, das in Wodawar einen besonderen Namen hatte: Kungelbecher. 

In diesem Kungelbecher waren Salze gebunden die man bestens mit einem scharfen Gegenstand ankratzte und lockerte, damit die getrockneten Goldfische darin gewendet und gebettet werden konnte. Später, wenn sich der Kungelbecher langsam mit getrock-neten Goldfischen und den abgelösten kleinen Goldschuppen gefüllt hatte und ein gutes Verhältnis von Salzen und Goldfischen herrschte, dann ging Bulldozer dran sie mittels eines Mörserstössels zu bearbeiten und zu einem salzigen Brei zu verarbeiten. 

Dieser Brei war so ergiebig, dass man mit einem Kungelbecher mehrere Monate ohne jegliche Nahrung überleben konnte. Bulldozer hatte aus diesem Grunde in Wodawar eine herausragende Stellung. Er hatte sein Patent entwickelt das ihn unabhängig und reich gemacht hatte. Denn diesem Kungelbecher á lá Bulldozer wurden die unwahrschein-lichsten Möglichkeiten und Kräfte nachgesagt. Es lag demnach auf der Hand, dass Bulldozer seine Goldfischpaste die er der Einfachheit halber und aus marketingtech-nischen Gründen Kaliguri nannte, zu Höchstpreisen auktionierte. Jeder der etwas von sich hielt, hatte sein Kaliguri zuhause im Apothekenschrank. Der Internetshop den Bulldozer allein nur mit Kaliguri begann, hatte seit seinem Launch weitere Produkte erhalten die jedoch der Stellung Kalguris als Bestseller nicht in Gefahr bringen konnten.

 

Der Kladderadatsch - Ostgrenze von Wodawar

 

Hoch in den Bergen von Wodawar herrschte der Kladaradatsch, ein bösartiger Wind. 

Er war ständig versucht, die Pollen und Blüten der Gräser und Farne, der Blumen und Bäume in willfährige Eiskristalle zu verwandeln. 

Nur dann, in dieser kristallinen Form war es ihm möglich, damit sein spielerisches und oft genug mörderisches Schindluder zu treiben, Menschen, Tiere, Bewohner zu ärgern um sie zu hindern, in die tiefsten Geheimnisse des Woda vorzudringen, der etwa 2200 Meter hohen Bergspitze am östlichsten Rand des Wodagebirges. Allein bis hierher war es ein weiter und beschwerlicher Weg, von hier aus jedoch war noch nie ein Lebewesen die unwegsamen Hänge hinab in das Ungewissenthal gestiegen. Wer jemals den Woda bezwungen hatte und dort das gefährliche Spiel des Kladaradatsch mit den Eiskristallen miterlebte, der wusste genau, warum das schier unmöglich war in Richtung Osten seinen Weg fort zusetzten um aus Wodawar zu fliehen oder sich ein Leben jenseits von Wodawar vorzustellen.Der der es je versuchte, der kehrte lieber schnell wieder um und fand Zuflucht in den kleinen Kabuffs der Wodafrettchen, die sich hier oben eine kleines Einkommen sicherten, weil sie den umkehrenden Abenteurern für wenigstens eine Nacht Zuflucht gewährten. Das war alles schon vor geraumer Zeit von Professor Molle eingerichtet worden um Wiederkehren die Rückkehr zu erleichtern.

 

Der Kladaradatsch sorgte für viel Gesprächsstoff unter den Gescheiterten und bildete mit seinem mächtigen Gebläse eine undurchdringliche Wand in Richtung Osten. 

Sein scharfer Windstoß mündete in einen Rücksog mit tödliche Folgen für jegliche Art von Organismus, der sich nicht darauf einzustellen wusste. Deshalb mied man es besser, sich mit dem Kladaradatsch anzulegen. 

Diese natürliche Barriere war die äußerste Grenze von Wodawar und hier gab es kein Rein- und Rauskommen. Für manchen auch keine Hoffnung auf ein Überleben, hatte er sich über Gebühren mit den Spielereien des Kladaradatsch angelegt.

 

Einzige Chance wäre ein eventueller Deal mit den beiden Umwelttrabanten Liszt und Thüke des Professors Molle, die hier oben am Gipfel des Woda ihre hochtechnologisierte Messstation unterhielten und Professor Molle seit Jahren über die Befindlichkeit des Kladaradatsch Aufzeichnungen und Auskunft erteilten. 

Liszt und Thüke waren keine Abenteurer, ganz im Gegenteil. Sie waren wissenschaftliche Mitarbeiter von Weltruf, hatten eigene Messverfahren zur Erforschung und zum Erklären von Wind- und Wetterphänomenen entwickelt und stellten die Erkenntnisse der Allgemein-heit unter anderem über die Radiostation von Lilla´s Media-Station zur Verfügung. 

Die Verfahren allerdings, die zu den Erkenntnissen und wissenschaftlichen Ergebnissen führten, wurden wie ein Gral in den Katakomben ihrer Messstation unweit der höchsten Erhebung des Woda gesichert.

 

Hier konnte niemand ungehindert eindringen, geschweige denn in den Gral - dem absoluten Kern der Anlage - vordringen. Die Anlage wurde Computer gesteuert überwacht und per Satellit im Regierungshauptquartier von Wodawar gespiegelt, sodass die Regierung jederzeit über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Ostgrenze Wodawars informiert war. Ein ausgeklügeltes System, dass unter der besonderen Beobachtung und Kontrolle des Professors Molle stand. Umweltprofessor Molle von der Akademie Invironmental in Hanovar stand mit allen wesentlichen Instituten zur Bewältigung der Lebensprobleme in Verbindung und war in fast allen wissenschaftlichen Bereichen eine anerkannte Kapazität, war mit mehreren Doktor-, Professoren und Ehren-titeln ausgezeichnet. Der Einfachheit halber und mit gefühlten Respekt aber nannten ihn nicht nur die Bewohner von Wodawar sondern Menschen und Lebewesen weltweit Prof. Molle. Damit war alles gesagt und jeder wusste, wer gemeint war.

Prof. Molle war ein sehr bescheidener Zeitgenosse. Er hatte seit der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch tierische Organisationsformen und Lebewesen, Elfen, Strulle-wutze, Habenixe und Gigabärchen das Leben in Wodawar entscheidend mitgeprägt. Er war es, der die Regeln dazu entworfen hatten, das grundlegende Gesetz eines allumfas-senden Miteinander in Respekt vor Mensch, Tier und Umwelt. Entsprechend seiner Fähig-keiten und Bestimmungen, vor allem in den Bereichen des allgemeinen Miteinander, der Kommunikation, Mobilität, der Ernährung und der Forschung für Umwelt und Qualitäts-erhaltung war, das Molle nicht nur ein gefragter Wissenschaftler, Vortragender und Ent-wickler, er war die graue Eminenz, das wahre Herz dieser hochentwickelten Lebens-existenz, erhaben über alle Abgründe tierischer und menschlicher Versuchungen. Unbeirrbar in seinem Willen, ehrenhaft und dem Gemeinwohl verpflichtet, das Leben für Folgegenerationen lebenswert zu erhalten und Fehlentwicklungen frühzeitig zu begegnen.

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